Offene Hausbesetzung in der Krise?
Allgemein ist Hausbesetzung mit dem Ziel das Haus auch zu behalten heute eher ein Mythos aus alten Tagen geworden. Die wenigsten offenen Inanspruchnahmen werden noch mit der ernsthaften Intention im Gebäude bleiben zu wollen ausgerichtet.
Meistens hört mensch von älteren Aktivistis Sätze wie „Die Zeiten der Hausbesetzung sind vorbei.“ oder ähnliches, nach der Repression und den brutalen Räumungen in den 80er und 90er Jahren und dem was von den ehemals besetzten Häusern übrig geblieben ist, ist bei vielen die Resignation groß. Auch hat sich in den meisten größeren Städten die „Berliner Linie“ (Räumung durch die Polizei ohne Verhandlung innerhalb der ersten 24h) eingebürgert. Auch die technischen Möglichkeiten der Polizei haben sich zu Ungunsten der Aktivistis verbessert.
Hinzu kommt die veränderte Lage in den größeren deutschen Städten, die meisten Innenstädte sind saniert und erschlossen, vorallem in Westdeutschland gibt es immer weniger nutzbaren Leerstand.
All diese Faktoren führen zu einer Stagnation bzw. einer Defensivhaltung in der Hausbesetzungbewegung (welche als solche gefährdet ist). Offene Besetzungen kommen nur noch selten mit ernsthafter Intention eines langfristigen Projektes zu stande.
Derzeitiger Nutzen
Abseits von Träumen und Hausbesetzungsromantik eignet sich die „Aktionsform“ Besetzung immer noch als praktisches Kampfmittel der Bewegung. So sind z.B. stille Besetzungen immer noch zum Wohnen, für Plena und kleinere Arbeiten (wie Transpis malen) sinnvoll. Auch Scheinbesetzungen lassen sich weiterhin vielseitig einsetzen, sei es um Polizeikräfte zu binden, Bürgis auf verschiedene Themen aufmerksam zu machen und und und… Auch Wohnungs- und Flächenbesetzungen haben nicht viel an Wichtigkeit im politischen Kampf eingebüst.
Auch die offene Besetzung ist durchaus noch von Nutzen, allerdings haben sich ihre Einsatzgebiete gewandelt. Offen besetzt wird heute eher wenn es darum geht medienwirksam zu aggieren, Behörden, Firmen etc. zu stören o.ä.
Doch die letzten Tage der offenen Besetzung sind noch nicht gezählt – in ländlichen Räumen haben sie durchaus noch Erfolgsaussichten – grade in Regionen in denen sich die Gemeinden vor Leerstand sowieso nicht retten können. Auch eine immer wieder durchgeführte Besetzung kann die Behörden irgendwann dazu bringen lieber zu verhandeln.
Ausblicke = Lichtblicke?
Meiner Meinung nach kann sich eine Hausbesetzungszene durchaus wieder entwickeln, offene Besetzungen könnten wieder möglich werden. Dafür wäre allerdings eine Menge Engagement nötig. Lichtblicke gibt es durchaus – das Themenfeld „Freiräume“ wird durch verschiedene Aktionstage wie z.B. die european-squatting-days und der „Wir bleiben alle!“-Kampagne immer wieder aktualisiert und auch in bürgerliche Medien transportiert. An einer gesetzlichen Wandlung in Form eines Zwischennutzungsgesetzes (ähnlich dem in Holland) wird seit einer Weile an verschiedenen Stellen gearbeitet. Andrerseits ist auch nicht zu bestreiten, dass die aktuelle Strafverfolgung von Hausbesetzer_innen teilweise erschreckende Ausmaße annimmt.
Ein Weg zu einer stärkeren Bewegung wäre sicherlich eine regelmäßige Nutzung von Gebäuden und eine breitflächige Thematisierung von Stadtentwicklung, der Sinnlosigkeit vieler Leerstände und der Vorteile autonomer Zentren für die Bevölkerung.
Quelle:anarchia dresden