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1 FORMEN DER HAUSBESETZUNG.


Mensch unterscheidet bei Hausbesetzungen grundsätzlich nach Art des Vorgehens zwischen stiller und lauter (auch offener) Besetzung. Darüber hinaus spricht mensch noch von Instand- und Scheinbesetzungen. Welche Art der Besetzung mensch wählt, ist entscheidend für weiteres Vorgehen, Aufwand, Sinn und Argumentation. Eine weitere Art der Besetzung ist die Flächenbesetzung, die soll hier aber nur kurz angeschnitten werden.


Stille Besetzung


Stille Besetzung ist der Begriff für eine Besetzung, die möglichst unbemerkt von Nachbarn, (Besitzer) und Polizei bleiben soll. Stille Besetzungen werden oft angewandt, um ein Haus erst einmal einzurichten, vorzubereiten und zu etablieren. Vorteil an dieser Methode ist, dass mensch mit sehr viel Ruhe an das Projekt herangehen kann und es sich, falls es doch auffliegt, von einer viel weniger offensiven Ebene argumentieren lässt, als bei einer offenen Hausbesetzung. Andererseits ist es oftmals schwer eine stille Besetzung auch still zu halten und fordert somit nicht nur günstige Rahmenbedingungen, sondern auch viel Sorgfalt seitens der Mitbesetzer. Sollte die Besetzung aufgefallen sein, lässt sie sich natürlich noch zu einer offenen Besetzung umwandeln, jedoch fehlt dann oft der breite Rückhalt um das Objekt langfristig zu halten. Weitere Probleme sind die Gefahr der Verebbung bei einem solchen Projekt, die Abkapselung der Besetzergruppe oder die Nähe zu Nachbarhäusern, die größere handwerkliche Maßnahmen wie z.B. Balken sägen und Hämmern oder bohren schier unmöglich machen kann.



Offene Besetzung


Der Gegensatz dazu ist die offene Besetzung. Die offene Besetzung ist quasi die typische Besetzung die Mensch von Bildern und Filmen kennt. Rein ins Haus, Transpis raus – vielleicht noch den Ton Steine Scherben – Rauchhaussong in die Welt krächzen und schauen, wie lange sie mensch drinnen lassen. Leider ist grade diese ehrliche und offene Aktionsmethode in der letzten Zeit immer öfter missglückt. Der Vorteil der Aktionsform liegt auf jeden Fall in der erhöhten Öffentlichkeitswirksamkeit und dem Umstand, dass mensch oft relativ schnell Klarheit darüber hat, ob er/ sie geräumt oder geduldet wird.



Instandbesetzung


Bei einer Instandbesetzung sind bauliche Maßnahmen zur Erhaltung des Gebäudes erklärtes Ziel, dies gibt neue Argumentationsperspektiven (z.B. bei einem alten, allgemein als schützenswert erachteten Haus) außerdem kann sie im günstigsten Fall auch Spekulanten, die nur darauf warteten bis die Bude zusammenfällt einen Strich durch die Rechnung machen und damit ggf. bezahlbaren Wohnraum und bedeutsame Bausubstsanz sichern.


Still und offen

Ein Mittelweg zwischen stiller, offener und der Instandbesetzung kann es sein, einfach so zu tun als hätte mensch das Gebäude legal gekauft. Mensch kann dabei ganz dreist vorgehen und sich in den umliegenden Häusern (eher in der Provinz üblich) als neuer Nachbar vorstellen, wobei jedoch fraglich ist ob dies rechtliche Konsequenzen aufgrund von Täuschung nach sich zieht... Besser ist es vermutlich einfach mit bauen zu beginnen und dabei zu versuchen möglichst organisiert und authentisch zu wirken (20 Leute beginnen an einem Tag einfach mit der Erneuerung der Fassade, dem Ausräumen von Müll und Schutt und/ oder der Wiederherstellung des Außengeländes). Um so professioneller und selbstverständlicher ihr dabei wirkt, desto höher sind eure Chancen, dass Nachbarn und Passanten den Ausbau einfach als normal ansehen. Gehört das Gebäude allerdings der Stadt oder einer anderen präsenten Institution wird eurer Versuch vermutlich sehr schnell auffliegen, was jedoch nicht gleich heißen muss das sie euch sofort raus werfen. ;)


Scheinbesetzung

Eine Scheinbesetzung schließlich bezeichnet den nicht ernsthaften Versuch einer offenen Besetzung. Dies kann schlicht und ergreifend zum Aushängen von aktuellen Transparenten dienen, kann jedoch auch dazu genutzt werden die Ordnungskräfte zu verwirren, abzulenken und auf Dauer ihre Kräfte zu binden. Auch die Bürger werden intensiver auf Botschaften der Transparente aufmerksam gemacht wenn immer und immer wieder welche an den Häuserwänden zu sehen sind. Ein weiterer spannender Aspekt ist schließlich, dass eine Scheinbesetzung als Test für die Reaktion der Polizei dienen kann, wenn keine Maßnahmen erfolgen kann mensch sich ja immernoch überlegen doch einzuziehen.

Achten solltet ihr allerdings darauf nicht nur bemalte Stofffetzen aus den Fenstern zu hängen sondern auch sonst Leben in den Häusern zu simulieren. Möglich sind z.B.:

  • Kerzen im Haus aufstellen (bitte gut gesichert, mensch muss ja nicht gleich wegen Brandstiftung gesucht werden)

  • durch Kasettenrekorder oder MP3-Player Geräusche aus dem Haus dringen lassen

  • Kundgebungen vor dem Haus abhalten, Flugblätter drucken die über die angebliche Besetzung informieren

Aktion aus Dresden:

"Während auf der Kundgebung "Einstellung der Verfahren gegen die Hausbesetzer! Neue Räume für ein Soziales Zentrum!" gefordert wurde, entrollte sich wie von Geisterhand ein Transparent vom Balkon des soeben geräumten, verrammelten Vorderhauses.."

Wie funktioniert's? Am Balkon war vorher, von unten kaum sichtbar, ein aufgerolltes Transparent festgebunden. Am unteren Ende des Transparents war eine Holzstange befestigt, die das Transpi nach unten zog, sobald jemand am Strick zog, der die Verknotung löste. Der Strick selbst führte vom Balkon im Zweiten Stock durch das Haus hindurch, zum Fenster auf den Hinterhof, wo auf dem Nachbarhof jemensch stand, und bei Signal nur noch ziehen musste.


Flächenbesetzung

Die Flächenbesetzung ist eine weitere Form der Besetzung die meist bei aktuellen politischen Konflikten im Rahmen der direkten Aktion zum Einsatz kommt.

Eine Flächenbesetzung hat folgende Vorteile:

  • eine Flächenbesetzung kann z.B. einen Baustop auslösen oder unerwünschte Vorgänge behindern

  • durch die Besetzung wird sehr öffentlich auf die jeweilige Problematik aufmerksam gemacht und dient damit als Anlaufpunkt für interessierte BürgerInnen, Presse, AktivistINNen

  • der besetzte Ort bietet die Möglichkeit für thematische Aktionen und Veranstaltungen (Feste, Theater, Transpi-Workshop etc.)

  • da eine besetzte Fläche meist einen sehr offenen Charakter hat, dient sie ebenso als Begegnungsstätte unterschiedlichster Menschen und hat damit eine starke polarisierende (und oft auch soziale) Wirkung aus der sich nachhaltige politische Gemeinschaften ergeben können.

Bericht von der „Brache“, Dresden:

Die Brache war für einen Großteil von uns die erste Flächenbesetzung. Es ging um eine der letzten Grünflächen im Stadtteil Dresden welche bebaut werden sollte.

Am Anfang gab es zwei Gruppen von WiderständlerInnen, die eigentlichen BesetzerInnen und die Bürgerinitiative. Zunächst agierten diese beiden Gruppen sehr getrennt voneinander, wuchsen aber im Laufe der Besetzung immer enger zusammen. Auf der Brache selbst gab es anfangs ein großes, von den BesetzerInnen errichtetes, Holzgebäude ein Zeltdorf und ein paar Nebengebäude (Pavillion, Kompostklo etc.).

Wir kochten jeden Abend am Feuer und bezogen viel Nahrung, Wasser etc. von NachbarInnen und GeschäftsbesitzerInnen die sich mit uns solidarisierten. Da das Gelände jedem Menschen offen stand hatten wir auch bald soziale Problemfälle, AlkoholikerInnen usw. in unsrer Runde. Diese verursachten öfter Lärm, warfen ihren Müll durchs Gelände und bescherten uns so manchen Streit mit den Nachbarn die uns eigentlich wohlgesonnen waren. Einige wenige mussten wir schließlich ausschließen, da sie auch nicht bereit waren an ihrem Verhalten irgendetwas zu ändern – die meisten jedoch wurden nach einiger Zeit zu Freunden und machten auch gut bei den anfallenden Arbeiten mit.

Eines Tages kam dann die Polizei und räumte uns, nebst Zelten, Hütten usw. vom Gelände. Wir schliefen in der darauf folgenden Nacht natürlich wieder dort und versuchten alles wieder aufzubauen. Die Reaktion der Stadt war wieder Polizei und ein Bagger der das ganze Gelände in eine Mondlandschaft verwandelte. Am nächsten Tag hatten fleißige Wichtel allerdings schon wieder ein Drittel der Fläche geebnet und nach ein paar Tagen konnten sich die Menschen wieder an einer grünenden Parkanlage erfreuen, jetzt mit Bühne und Kinderspielplatz. Wir organisierten Theater, Film- und Musikabende und Brachenfeste doch im September stand die entgültige Räumung und der Baubeginn bevor.

Als es auf die letzten Tage zuging waren wieder jede Nacht Menschen auf dem Gelände was bei den niedrigen Temperaturen nicht grade ein Vergnügen war. Ein paar von uns bauten sich deshalb eine Behausung: An den Fundamenten der im Krieg weggebombten Häuser entlang wurden zwei Schlafräume und ein Holzkeller ausgehoben welche mit einem Dachstuhl aus Holz und ein paar Planen abgedeckt wurden. Zwischen die Schlafräume wurde ein Kamin gebaut, der selbige heizte und wurde nebenbei als Grill für Toast und Kaffee benutzt. Die Bewohner teilten sich jeden Tag in Weck-, Frühstücks- und Holzdienst.

Als die Brache schließlich geräumt wurde hatte das Sprengstoffkomando der Polizei (dank staatlicher Paranoia) immerhin noch ganze 3 Tage Freude an dem kleinen „Bunker“. Die Brache konnten wir zwar leider nicht retten aber wir habens der Stadt auch nicht grade leicht gemacht und trugen unsererseits viel Freude und Erfahrung davon.“


 
 
  Wir danken : Dem Mitautor >>Fisch<<, Der deutschsprachigen Anarchopedia, und allen selbstorga-Gruppen, die hier eine so eindrucksvolle Vorarbeit geleistet haben, und ohne die diese Seite hier nicht möglich gewesen wäre.
 
 
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